LiebesgedichteLiebesgedichte

Das Ghazel (auch Ghazal) ist eine Form des Liebesgedichts oder der Ode, die ihren Ursprung in der arabischen Dichtung hat. Ghaselen behandeln oft Themen der spirituellen und romantischen Liebe und können als poetischer Ausdruck sowohl des Schmerzes über den Verlust oder die Trennung vom Geliebten als auch der Schönheit der Liebe trotz dieses Schmerzes (Liebesleid) verstanden werden.

Das Wort Ghazal stammt von dem arabischen Wort غزل (ġazal) ab. Diese Gattung der arabischen Poesie ist abgeleitet von غَزَل (ḡazal) oder غَزِلَ (ḡazila) - Schmeicheln, Flirten, amouröse Gesten zeigen.
Das arabische Wort غزل ġazal wird [ˈɣazal] ausgesprochen. Im Deutschen wird das Wort als /ˈɡʌzəl/ oder /ˈɡæzæl/ ausgesprochen.

Form

Die Form des Ghazal ist uralt und geht auf die arabische Dichtung des 7. Jahrhunderts zurück. Im 12. Jahrhundert verbreitete sich der Ghazal unter dem Einfluss von Sufi-Mystikern und den Höfen des neuen islamischen Sultanats in Südasien und ist heute in vielen Sprachen Südasiens und der Türkei die bekannteste Form der Dichtung.

Ein Gasel besteht in der Regel aus fünf bis fünfzehn Couplets, die zwar unabhängig, aber miteinander verbunden sind - abstrakt, was das Thema betrifft, und enger, was die poetische Form betrifft. Das Reimschema eines Ghazals kann wie folgt beschrieben werden: [AA BA CA DA} und so weiter.
Die strukturellen Anforderungen des Ghazal ähneln in ihrer Strenge denen des Petrarca-Sonetts. Stilistisch und inhaltlich hat sich der Ghazal aufgrund seines hochgradig anspielungsreichen Charakters als fähig erwiesen, eine außergewöhnliche Vielfalt an Ausdrucksmöglichkeiten rund um seine zentralen Themen Liebe und Trennung zu bieten.

Beispiele

Ich sah empor, und sah in allen Räumen Eines;
Hinab ins Meer, und sah in allen Wellenschäumen Eines.

Ich sah in's Herz, es war ein Meer, ein Raum der Welten,
Voll tausend Träum'; ich sah in allen Träumen Eines.

Du bist das Erste, Letzte, Äußre, Innre, Ganze;
Es strahlt dein Licht in allen Farbensäumen Eines.

Du schaust von Ostens Grenze bis zur Grenz' im Westen,
Dir blüht das Laub an allen grünen Bäumen Eines.

Vier widerspenst'ge Thiere ziehn den Weltenwagen;
Du zügelst sie, sie sind an deinen Zäumen Eines.

Luft, Feuer, Erd' und Wasser sind in Eins geschmolzen
In deiner Furcht, daß dir nicht wagt zu bäumen Eines.

Der Herzen alles Lebens zwischen Erd' und Himmel,
Anbetung dir zu schlagen soll nicht säumen Eines!

Rumi (Maulana Dschalal ad-Din; 1207 - 1273); Übersetung von Friedrich Rückert

Verlass mich nicht

Du bist der Duft, der meine Seele speiset, verlass mich nicht!
Traum, der mit mir durchs Leben reiset, verlass mich nicht!

Du Paradiesesvogel, dessen Schwinge ungesehn
Mit leisem Säuseln mich umkreiset, verlass mich nicht!

Du Amme mir und Ammenmärchen der Kindheit einst!
Du fehlst, und ich bin noch verwaiset. Verlass mich nicht!

Du, statt der Jugend mir geblieben, da sie mir floh:
Wo du mir fliehst, bin ich ergreiset! Verlass mich nicht!

O Du mein Frühling! Sieh, wie draußen der Herbst nun braust;
Komm, dass nicht Winter mich umeiset, verlass mich nicht!

O Hauch des Friedens! Horch wie draußen das Leben tobt!
Wer ist, der still hindurch mich weiset? Verlass mich nicht!

O du mein Rausch! Du meine Liebe! O du mein Lied!
Das hier durch mich sich selber preiset, verlass mich nicht!

Friedrich Rückert (1788 - 1866)

Das Ghasel

Es wandte meine Kunst sich zum Ghasele,
Damit sie allen Formen sich vermähle.

Ergötzlich ist solch bunte Reimerei,
Ob auch des Lebens markiger Kern ihr fehle;

Die Wandrung selbst bereichert schon den Geist,
Ob er auch nirgends plündre oder stehle.

Hier lernt, wie tönender Musik zulieb
Die Sprache sich in mancher Krümmung quäle

Und, von des Gleichklangs strenger Schrift beherrscht,
Seltsame Bilder halb gezwungen wähle.

Des Künstlers Kunst und Fassung leihet oft
Den Wert dem minder kostbaren Juwele.

Euch fleh ich an, o Richter, richtet mild,
Weil ich ja selbst die Schwächen nicht verhehle,

Und unter dieses bunten Turbans Schmuck
Verkennet nicht die echte Christenseele.

Gustav Pfizer (1807 - 1890)

 

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