LiebesgedichteLiebesgedichte

Eine Liste der schönsten Sommergedichte - Klassiker als auch moderne; sowohl kurz als auch lang - und manche sind auch lustig.

Er lag im Dunkeln wach und sah zum Fenster hinüber. Gardinen türmten sich, eine hohe, geteilte Woge, vom Fußboden bis fast zur Decke. Durchsichtig, faltenreich, an den inneren Kanten ausgezackt wie die Schalenränder eines Seetiers, bewegten sie sich sanft in dem Luftzug, der durch das offene Fenster hereindrang.
Wo das Karbidlicht der Straßenlampe auf sie fiel, waren sie weiß wie Zucker. Das üppige Blattwerk, das maschinell hineingewebt war, hob sich im Schein des Lichtes in einem noch grelleren Weiß ab, während es an anderen Stellen in dem schlaff herabhängenden Stoff fast schwarz erschien.
Das Licht warf die Schatten sich bewegender Blätter auf die Gardinen, und diese Schatten bewegten sich mit den wehenden Gardinen und auf dem glatten Glas dahinter.
Wo das Licht die Blätter traf, schienen sie in einem bitteren Grün zu brennen. Anderswo waren sie dunkelstes Grau und noch dunkler. Unter jedem dieser zu Tausenden dicht aneinander gedrängten Blättern lag entweder unnatürliche Licht oder reichstes Dunkel. Und während der Baum sich still in seinem Schlaf bewegte, wurden alle Blätter geschüttelt, ohne einander zu berühren.
Direkt gegenüber seinem Fenster war ein anderes. Und auch hinter diesem offenen Fenster hingen Gardinen, die sich bewegten, und auf diesen Gardinen bewegten sich die vielfältigen Schatten anderer Blätter. Das Zimmer hinter den Fensterscheiben und den Gardinen war ebenso dunkel wie sein eigenes.
Er hörte die Sommernacht.

James Agee (1909 - 1955); Roman: "Ein Todesfall in der Familie"

 

 

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